@phdthesis{Fischer2024, author = {Cornelia Fischer}, title = {Anforderungen- und Ressourceninventar f{\"u}r Sozialarbeiter*innen - ARISA}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:lg1-opus4-12604}, year = {2024}, abstract = {Stress und Burnout sind Ph{\"a}nomene, die weltweit verbreitet sind und in den verschiedensten Bereichen auftreten k{\"o}nnen. Haupts{\"a}chlich manifestieren sie sich jedoch in Professionen, deren Hauptaufgabe die Zusammenarbeit mit Menschen beinhaltet (Schaufeli, Leiter, \& Maslach, 2008; Poulsen, 2009). Stress und Burnout treten vor allem im Bereich der helfenden Berufe auf (Wieclaw, Agerbo, Mortensen, \& Bonde, 2006; Shinn, Rosario, Mǿrch \& Chestnut, 1984). Seit Mitte der 70er Jahre r{\"u}cken die Themen der seelischen Problematik von Helfenden, der hilflosen Helfer und des Burnout-Risikos f{\"u}r helfende Berufe immer mehr in den Mittelpunkt des {\"o}ffentlichen Interesses (Reiners-Kr{\"o}ncke, R{\"o}hrig \& Specht, 2010). Wieclaw et al. (2006) untersuchten beispielsweise das Risiko f{\"u}r Depressionen und Stress in den sogenannten „Human Service Professions“. Hierbei definierten sie die „Human Service Professions“ als Berufe in den Bereichen der Gesundheit, Bildung, Sozialarbeit und Kundendienstleistung. Ihre Ergebnisse zeigten einen konsistenten Zusammenhang zwischen einer Anstellung im Human Service Sektor und dem Risiko f{\"u}r affektive und stressbezogene Krankheiten, wobei das Risiko f{\"u}r Lehrer*innen und Sozialdienstleister*innen am h{\"o}chsten war. Sozialarbeiter*innen z{\"a}hlen jedoch, vor allem im Gegensatz zu Lehrkr{\"a}ften (Moody \& Barrett, 2009; Poulsen, 2009), zu einer weniger erforschten Berufsgruppe, obwohl auch in einigen weiteren Studien nachgewiesen werden konnte, dass Sozialarbeiter*innen einem deutlich erh{\"o}hten Risiko f{\"u}r Stress und Burnout ausgesetzt sind (bspw. Enzmann \& Kleiber, 1989; Poulsen, 2009; Fengler \& Sanz, 2011). Erkenntnisse, die das hohe Risiko erkl{\"a}ren k{\"o}nnten, wie spezielle berufliche Anforderungen und Ressourcen, liegen nur in geringem Ausma{\"s}, teilweise widerspr{\"u}chlich oder veraltet vor (Allroggen, Fegert \& Rau, 2017). Vor allem im deutschsprachigen Raum ist keine aktuelle und umfassende Darstellung der bedeutsamsten beruflichen Anforderungen und Ressourcen vorhanden. Dabei kann gerade die Identifikation der relevantesten Anforderungen und Ressourcen, denen Sozialarbeiter*innen in ihrem Beruf begegnen, dabei helfen, die gravierendsten Anforderungen zu reduzieren und die Ressourcen, die als am hilfreichsten empfunden werden, zu verst{\"a}rken bzw. zur Verf{\"u}gung zu stellen (Schaper, 2014). Dies kann dazu beitragen, Sozialarbeiter*innen vor Burnout und stressbedingten Erkrankungen zu sch{\"u}tzen. Die vorliegende Arbeit diente dazu, diese Anforderungen und Ressourcen der Sozialen Arbeit erfassen zu k{\"o}nnen. Hierzu wurde ein Fragebogen entwickelt, der dar{\"u}ber hinaus im Sinne des transaktionalen Stressmodells (Lazarus \& Folkman, 1984) und dessen arbeitstheoretischer Erweiterung, dem Job-Demands-Resources Modell (Demerouti, Bakker, Nachreiner \& Schaufeli, 2001), eine Aussage zu dem jeweiligen individuellen Risiko f{\"u}r berufsbedingten Stress von Sozialarbeiter*innen treffen kann. Das transaktionale Stressmodell betrachtet Stress als eine Beziehung zwischen Individuum und seiner Umwelt, die unter Ber{\"u}cksichtigung der eigenen Ressourcen bewertet wird (Lazarus \& Folkman, 1984; Turiaux \& Krinner, 2014). Wird diese Beziehung durch sehr ausgepr{\"a}gte oder eine Vielzahl von Anforderungen als die eigenen Ressourcen {\"u}bersteigend oder bedrohlich angesehen, entsteht Stress (Lazarus \& Folkman, 1984; Turiaux \& Krinner, 2014). Das Job-Demand-Resources-Modell von Demerouti et al. (2001) dient der Einsch{\"a}tzung von Anforderungen im Arbeitsumfeld mit einer zus{\"a}tzlich deutlichen Fokussierung auf die Ressourcen des Arbeitsumfeldes, ohne pers{\"o}nliche bzw. individuelle Faktoren einzubeziehen. Sowohl f{\"u}r Anforderungen als auch Ressourcen gilt, dass sie je nach Beruf in unterschiedlichem Ausma{\"s} vorhanden, ausgepr{\"a}gt und bedeutsam sein k{\"o}nnen (Bakker \& Demerouti, 2007). Anforderungen m{\"u}ssen nicht unbedingt negativ f{\"u}r das Belastungserleben sein. Sie werden erst dann zu Stressoren, wenn die Erf{\"u}llung bzw. Bew{\"a}ltigung der Anforderungen zu hohe Anstrengung erfordert und keine Ressourcen zu eben jener Bew{\"a}ltigung zur Verf{\"u}gung stehen (Bakker \& Demerouti, 2007). Dies kann starke Stressreaktionen hervorrufen. Wenn die Arbeitsanforderungen also dauerhaft die Ressourcen {\"u}berwiegen und dies zu vermehrten Stressreaktionen f{\"u}hrt, kann chronischer Stress und somit auch Burnout entstehen. Deshalb war es f{\"u}r die vorliegende Arbeit von gro{\"s}er Bedeutung, die bedeutsamsten beruflichen Anforderungen und Ressourcen von Sozialarbeiter*innen zu erfassen und in einen Fragebogen einflie{\"s}en zu lassen, der aus dem Verh{\"a}ltnis von individuell vorliegenden Anforderungen und Ressourcen ein Risiko f{\"u}r berufsbedingten Stress von Sozialarbeiter*innen ableitet. Als Grundlage f{\"u}r die Erstellung des Fragebogens mit dem Titel ARISA (Anforderungen- und Ressourceninventar f{\"u}r Sozialarbeiter*innen) dient der CARD (Classroom Appraisal of Resources and Demands) (Lambert, McCarthy \& Abbott-Shim, 2001), der mit dem Ziel entwickelt wurde, insbesondere Lehrer gezielter vor Stress und Burnout sch{\"u}tzen zu k{\"o}nnen. Der CARD erm{\"o}glicht Lehrern, ihre wahrgenommenen Anforderungen im Klassenzimmer („Classroom“), die theoretisch Stress f{\"o}rdern k{\"o}nnen, und ihre wahrgenommen durch die Schule bereitgestellten Ressourcen, zu bewerten (Lambert et al., 2001). Das Instrument setzt diese bewerteten Anforderungen und Ressourcen ins Verh{\"a}ltnis und trifft eine Aussage {\"u}ber das Risiko f{\"u}r berufsbedingten Stress. Die Datengrundlage zur Erstellung des ARISA setzt sich aus einer im Sommer 2017 durchgef{\"u}hrten Online-Vorerhebung zu Ressourcen und Anforderungen mit 96 Sozialarbeiter*innen aus dem deutschsprachigen Raum zusammen und einer qualitativen Vorherhebung mit sechs Interviewpartner*innen aus der Sozialen Arbeit, die im Herbst 2017 durchgef{\"u}hrt wurde. Aus den hieraus gewonnen Items wurde nach einem Abgleich mit der vorliegenden Literatur zum Thema ein Prototyp erstellt. Der ARISA Prototyp wurde im Fr{\"u}hjahr 2018 von sechs Sozialarbeiter*innen getestet. Von ihnen wurde anschlie{\"s}end ein qualitativ erhobenes Feedback zum Fragebogen eingeholt und dies wurde in die finale Version des ARISA eingearbeitet. Das Instrument umfasst 66 Anforderungen und 57 Ressourcen. Nach der Finalisierung des ARISA wurde dieses zur Validierung und weiteren Beantwortung der Forschungsfragen von 210 Teilnehmer*innen aus dem Feld der Sozialen Arbeit, die im deutschsprachigen Raum t{\"a}tig sind, bearbeitet. Die Testung und Validierung des ARISA ergab zum einen zufriedenstellende Reliabilit{\"a}ten und zum anderen konnten die Hypothesen bzgl. der Validierung des ARISA gr{\"o}{\"s}tenteils best{\"a}tigt werden. Dies spricht f{\"u}r die Verwendbarkeit des Instruments, zumindest im deutschsprachigen Raum. Bedeutsame berufliche Ressourcen und Anforderungen konnten f{\"u}r die Stichprobe der Sozialarbeiter*innen in Deutschland ermittelt werden. Auch konnte f{\"u}r die Stichprobe das jeweilige Risiko f{\"u}r berufsbedingten Stress der Sozialarbeiter*innen analysiert werden und eine Gruppenbildung konnte zudem tiefere Einblicke in die Zusammenh{\"a}nge zwischen einzelnen Anforderungen und Ressourcen mit dem Risiko f{\"u}r berufsbedingten Stress erm{\"o}glichen. Insgesamt ist klar, dass die vorliegende Studie keine abschlie{\"s}ende Aussage zur G{\"u}te des ARISA liefern kann und das weitere Testungen und Validierungsstudien notwendig sind. Zur Sicherstellung ausreichend vorliegender G{\"u}te sind, wie bei allen diagnostischen Verfahren, Ans{\"a}tze erforderlich, die aufeinander aufbauen, {\"u}ber einen l{\"a}ngeren Zeitraum hinweg Daten erheben und letztendlich zu einer Gesamtaussage zusammengef{\"u}gt werden k{\"o}nnen (Knottnerus, van Weel \& Muris, 2002). Dennoch konnte durch die vorliegende Arbeit das zuvor festgestellte Forschungsdesiderat um zahlreiche Aspekte angereichert werden und somit der Mangel an Informationen, der vor allem im deutschsprachigen Raum in Bezug auf die berufliche Anforderungen, die beruflichen Ressourcen und das Risiko f{\"u}r berufsbedingten Stress von Sozialarbeiter*innen bestand, reduziert werden. Aus den Erkenntnissen dieser Arbeit konnten zudem verschiedene Handlungsempfehlungen, wie die gezielte Analyse von Anforderungen und Ressourcen in einzelnen Einrichtungen zur Reduktion des Risikos f{\"u}r berufsbedingten Stress oder die F{\"o}rderung gezielter, besonders relevanter Ressourcen (z. B. Supervisionsm{\"o}glichkeiten oder Autonomie), abgeleitet werden.}, language = {de} }