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Biodiversität erleben mit ortsbezogenen Spielen – Biodiversität to go (BioDiv2Go) / Finde Vielfalt
(2020)
Verantwortlich für den Artenrückgang sind v.a. wir. Die breite Bevölkerung nimmt die Biodiversität vor Ort kaum wahr und misst Kenntnis und Schutz kaum Bedeutung zu.
Um die lokale Biodiversität zu entdecken und schätzen zu lernen, wurden im Rahmen des BMBF/BMU-Projekts „Finde Vielfalt - Biodiversität erleben mit ortsbezogenen Spielen (BioDiv2Go)“ neue Zugänge entwickelt. Schlüssel ist, die Biodiversität durch zeitgemäße Technologien auf mobilen elektronischen Endgeräten (Smartphones, Tablets) erfahrbar zu machen und deren Bedeutung aufzuzeigen. Dies geschah mit sogenannten Geogames (ortsbezogenen Spielen). Die Konzeptionen des erfahrungsbasierten sowie des forschend-entdeckenden Lernens wurden hierbei in motivierender Weise verknüpft und Geogames mit unterschiedlichem Ortsbezug und für unterschiedliche Zielgruppen konzipiert. Zwei Spieletypen werden unterschieden.
(1) Bei „FindeVielfalt Simulation“ erfahren die Spieler/innen wie verschiedene Naturräume nachhaltig genutzt werden können. Über ortsbezogenen Aufgaben lernen sie in einer realen Streuobstwiese z.B. welche Bedeutung Pflanzabstände haben, wie verschiedene Obstsorten genutzt werden können und treffen Entscheidungen für Nutzungs-Dilemmata. In einer Simulation bewirtschaften sie über mehrere Spielrunden eine virtuelle Streuobstwiese. Dabei muss beides erreicht werden: ökonomischer Erfolg und Schutz der Biodiversität. Weitere Simulationen gibt es für Schafbeweidung auf Kalkmagerrasen, Rinder im Alpenvorland und Bergischen Land, Luchs, Wildkatze und Stadtökologie.
(2) Der zweite Spieletyp ist ein Such- und Sammelspiel. Beim „Grünen Schatz“ werden in der Natur verschiedene Pflanzenarten fotografiert. Die Ausprägung von unterschiedlichen Eigenschaften der Pflanzen, wie Essbarkeit, Heilwirkung oder Besonderheiten sind mit Spielpunkten hinterlegt. Ziel ist es einen vielfältigen Schatz zu sammeln. Hierbei lernen die Spieler/innen, dass Pflanzen nicht nur grün sondern auch für uns Menschen nutzbar sind.
Durch eine Variante des Design-Based-Research-Ansatzes wurde die Spielgestaltung zum Bestandteil des Forschungsprozesses mit zyklischen Analysephasen. Das Forschungsrahmenmodell wurde mit Umweltpsychologen entwickelt und die Inhalte mit Beratung durch Biologen und Naturschützern. Praktiker sowie Jugendliche waren in die Entwicklung der Spielgeschichte einbezogen.
Im Projekt wurden Kompetenzen aus Biologiedidaktik (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg) mit der geoinformatischen Spieleforschung (Universität Bamberg) vereint. Als Umsetzungspartner trug das Deutsche Jugendherbergswerk als bundesweiter Träger dazu bei, das Konzept flächendeckend umzusetzen und eine Langfristigkeit zu sichern.
Der Schutz und die nachhaltige Nutzung lokaler Biodiversität sind wichtige Grundlagen für das menschliche Wohlergehen und wurden in der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt als Ziele festgeschrieben. Lokale Biodiversität spielt im Alltag von Jugendlichen jedoch kaum eine Rolle. Um die Wahrnehmung und Wertschätzung lokaler Biodiversität bei Jugendlichen zu fördern, wurde im Rahmen des Projekts „Finde Vielfalt – Biodiversität erleben mit ortsbezogenen Spielen (BioDiv2Go)“ das Geogame „FindeVielfalt Simulation“ (FVS) im Rahmen einer Educational Design Research Studie entwickelt und evaluiert. Das Geogame FVS ist ein ortsbezogenes digitales Spiel für Smartphones, das die reale mit einer virtuellen Welt verbindet. Die Spieler tauchen in eine Spielerzählung ein, navigieren mit GPS im realen Naturraum und lösen dort verschiedene Aufgaben, die zur Entdeckung der Natur anregen. Der Einsatz des Smartphones ermöglicht durch die Einbettung von Videosequenzen, Simulationen und einem unmittelbaren Feedbacksystem beim Lösen der Aufgaben einen exklusiven Lernzugang, den es ohne die Technologie nicht gäbe. Die ortsgebundenen Aufgaben garantieren dabei die Naturkontakte und die Auseinandersetzung mit der konkreten lokalen Biodiversität. Das Hauptanliegen dieser Studie ist, die Bedeutung des spielbezogenen Enjoyments innerhalb der Wirksamkeitsanalyse des Geogames „FindeVielfalt Simulation“ (FVS) zu erforschen. Die theoriegeleitete Entwicklung und evidenzbasierte Überprüfung des Geogames FVS und des Rahmenmodells wird in mehreren Design- und Evaluationszyklen vollzogen und ausführlich dargestellt. Die Ergebnisse der Interventionsstudie zeigen, dass durch die Nutzung des Geogames FVS bei den jugendlichen Spielern das biodiversitätsbezogene Wissen zunimmt und die Naturverbundenheit steigt. Das spielbezogene Enjoyment beeinflusst dabei die Steigerung der Naturverbundenheit positiv. Der spielbezogene Ansatz mit den Smartphones stellt in diesem Fall einen Mehrwert dar. Geschlechtereffekte können nicht festgestellt werden. Alterseffekte zeigen sich bereits bei den Einstiegswerten vor der Intervention in den Dimensionen Wissen und Naturverbundenheit. Für die Steigerung der Naturverbundenheit zeigt sich ein signifikanter Effekt beim sozioökonomischen Status. Demnach profitieren hier besonders die Jugendlichen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status. Da die Studie eine Feldstudie darstellt, sind die Ergebnisse nicht generalisierbar. Sie zeigen aber für die Stichprobe bedeutsame Effekte. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen werden aus dieser Studie auch praxisrelevante Designkriterien für die Entwicklung ortsbezogener digitaler Spiele abgeleitet. Im Rahmen des Educational Design Research Ansatzes wurden während des gesamten Prozesses sowohl Experten der verschiedenen wissenschaftlichen Bereiche als auch Experten der pädagogischen Praxis wie auch die Jugendlichen selbst einbezogen. Dadurch werden die wissenschaftliche Strenge und Gültigkeit und auch die praktische Relevanz der Studie sichergestellt.