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Die vorliegende Arbeit untersucht die Auswirkungen eines Projektes des Deinstitutionalisierens in der Behindertenhilfe auf die Menschen, die in der Institution leben und arbeiten. Hierzu wird das Deinstitutionalisieren theoretisch in das Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit eingebettet. Dieses wird mit einem Bild der Systemtheorie illustriert und mit anderen Spannungsfeldern in benachbarten Diskursen verglichen. Unter diesem Fokus werden wesentliche Diskurse um Menschen, die in einer Institution leben und arbeiten, analysiert und synthetisch zusammen geführt. Es sind dies einerseits die Diskurse um Normalisierung, Lebensqualität, Selbstbestimmung und Empowerment, andererseits um humane und persönlichkeitsförderliche Arbeit, Arbeitszufriedenheit sowie Arbeitsgestaltung. Als mögliche Antwort auf die sich daraus ergebenden Veränderungen in der Behindertenhilfe wird das Deinstitutionalisieren mit seinen historischen und internationalen Entwicklungen beschrieben. Die Erkenntnisse werden auf eine eigene empirische Untersuchung eines Projektes des Deinstitutionalisierens übertragen. Hierzu wurden 51 Menschen mit geistiger Behinderung und 13 Professionelle vor Beginn des Projektes und ein Jahr danach mit Hilfe einer Testbatterie zu differenzierten Ergebnisindikatoren befragt. Die beteiligten Personen befanden sich dabei in zwei untersuchten Treatmentgruppen (Deinstitutionalisieren durch a) Umzug in eine gemeinwe-senintegrierte Wohnung vs. b) Veränderung der Wohnsituation innerhalb der Institution) und zwei Kontrollgruppen. Als wesentliches Ergebnis konnte festgehalten werden, dass Deinstitutionalisieren in dem untersuchten Projekt zu positiven Veränderungen in unterschiedlichen Aspekten von Le-bensqualität der beteiligten behinderten Menschen führte, aber auch gesundheitliche Risiken in sich barg. Entsprechend ergab sich für die Professionellen eine Zunahme an differenzierten Aspekten persönlichkeitsförderlicher Arbeit bei gleichzeitiger Zunahme an Regulationsanforderungen. Insgesamt werden die Ergebnisse dahingehend interpretiert, dass bei ausreichender Sicherheit aller Beteiligten durch das Deinstitutionalisieren Räume so gestaltet werden können, dass sich mehr Möglichkeiten zur Nutzung von mit Freiheit einhergehenden Potentialen ergeben. Hierzu werden abschließend mögliche Fallen, aber auch Wege zum Umgang mit dem Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit diskutiert.
Der Gegenstand der Sexualität ist in unserer heutigen Gesellschaft ein allgegen-wärtiges Thema. Ganz gleich, wann und wo, jeder wird damit konfrontiert. Doch was ist, wenn man nicht dazu gehört? Wenn man nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht und keine erotischen Erlebnisse sowie damit in Verbindung stehende Erfahrungen, aus welchen Gründen auch immer, vorzuweisen hat? Wohin mit seiner sexuellen Lust, wenn man keinen Partner hat, mit dem man diese Intimität teilen kann? Für den nichtbehinderten Teil der Gesellschaft gibt es diverse Möglichkeiten, diese Lücken zu schließen. Angefangen von der Masturbation, über One-Night-Stands hin zum Besuch eines Bordells – die Auswahl scheint groß. Doch wie gestaltet es sich für unsere behinderten Mitmenschen? Können sie sich ebenfalls so einfach aus dem Pool der sexuellen Fantasien und Dienste bedienen? Leider lautet die Antwort „Nein“. Eine erfüllte Partnerschaft mit Liebe, Nähe und Sexualität zu leben ist für Menschen mit einer Beeinträchtigung äußerst schwer. Bedingt durch die spezifischen Rahmenbedingungen, mit denen gerade Menschen mit einer geistigen Behinderung konfrontiert sind, wird das Aufnehmen und Halten von Kontakten oder auch der Rückzug für intime Momente erheblich erschwert – wenn nicht gar gänzlich verhindert. Nicht selten wird diesen Menschen, bewusst oder unbewusst, die Existenz ihrer Libido abgesprochen, schlimmstenfalls das Recht auf Sexualität verweigert. Aussagen wie „Wir wollen keine schlafenden Hunde wecken“ haben in diesem Zusammenhang keinen Seltenheitswert. In den letzten zehn Jahren lässt sich, zumindest im Bereich der Behindertenarbeit, ein vermeintlicher Wandel erkennen. Es wird davon geredet, dass jedem Menschen das Recht auf sexuelle Entfaltung zusteht, sofern man anderen Personen mit seinem Handeln keinen Schaden zufügt. Stimmen der emanzipatorischen Behinderten-bewegung werden laut. Gerade in Zeiten der augenscheinlichen Integrations- und Normalisierungsbemühungen muss auch behinderten Menschen die Chance gegeben werden, ihre Sexualität auszugestalten, so ihre Forderung. Mit Nina de Vries und ihren tantrischen Massagen begann in Deutschland die schrittweise Enttabuisierung der Sexualität behinderter Menschen. Heute haben behinderte Menschen die Möglichkeit, neben Sexualassistenz und Sexualbegleitung, die ihnen lustvolle Erfahrungen bereiten (soll), auf erotische Hilfsmittel zurückzugreifen oder Workshops mit spezifischen sexualpädagogischen Themen zu besuchen. Eine erotische Tafel mit aphrodisierenden Speisen und lustvollen Kurzgeschichten oder Filmen darf selbstverständlich auch nicht fehlen. Über all die eben angesprochenen Themen hat man, zumindest schon mal irgendwo und sei es lediglich bei hitzigen Diskussionen über das Für und Wider ihrer Existenz, etwas gehört. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass man, selbst in Kreisen der Behindertenarbeit, nicht allerorts darüber Bescheid weiß, was sich beispielsweise hinter der Bezeichnung „aktive Sexualassistenz“ verbirgt. Geschweige denn, welche Ziele dabei verfolgt werden. In der vorgelegten Arbeit soll nun aufgezeigt werden, welche konkreten Chancen und Möglichkeiten sich geistig behinderten Menschen in unserer Gesellschaft bieten, sodass sie ihre eigene Sexualität kennen lernen und diese nach ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen ausleben können.