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Ausgehend von den Thesen, dass - einerseits die mathematischen Vorläuferfertigkeiten bereits ein halbes Jahr vor Schuleintritt erfasst werden können und diese eine gute Vorhersagekraft für die gesamte Grundschulzeit (vgl. KRAJEWSKI, SCHNEIDER 2006) und sogar darüber hinaus (vgl. MOSER-OPITZ 2007, zit. n. KRAJEWSKI et al. 2009, 28) haben und - andererseits davon ausgegangen wird, dass mangelnde mathematische Vorläuferfertigkeiten im letzten Kindergartenhalbjahr erfolgreich gefördert werden können (vgl. KRAJEWSKI et al. 2008a), werden im Rahmen dieser Arbeit die mathematischen Vorläuferfertigkeiten etwa ein halbes Jahr vor Schuleintritt anhand des ‚Freiburger Screenings’ (vgl. GERSTER, SCHULTZ 2010a) erhoben. Dieses Screening wurde von den sog. ‚Lernberaterinnen’ der Pädagogischen Hochschule Freiburg entwickelt und befindet sich derzeit noch in einer Erprobungsphase. Daher ist bisher nicht gesichert, ob es überhaupt für Kinder mit dem Förderschwerpunkt ‚geistige Entwicklung’ geeignet ist. Die Arbeit soll dazu beitragen, diese Frage zu klären. Dazu soll u.a. auch eine vergleichende Bestandsaufnahme der sog. mathematischen Vorläuferfertigkeiten zwischen den Kenntnissen von Vorschülern aus Regelkindergärten sowie von Vorschülern aus Schulkindergärten mit dem Förderschwerpunkt ‚geistige Entwicklung dienen.
In der Arbeit werden am Beispiel eines Schülers der Förderschule durchgeführte diagnostische Zugänge aufgezeigt. Und Fördermöglichkeiten beschrieben. Die Diagnose und Förderung orientiert sich häufig und überwiegend an förderdiagnostischen Richtlinien: In der Diagnose werden nicht nur mathematische Fähigkeiten überprüft, sondern es ist eine Diagnostik vom Kinde aus, die das Umfeld des Kindes beachtet, wie im Kapitel 2. Anamnese des Schülers berücksichtigt wurde. Dabei werden nicht nur Arbeits- und Sozialverhalten, Sprache, Selbstkonzept und schulischen Leistungen beschrieben, sondern auch die familiäre und schulische Situation aufgezeigt. Informelle Verfahren der Diagnostik ermöglichen eine qualitative Erfassung der mathematischen Fähigkeiten. Damit erst wird die Voraussetzung für individuelle Förderung geschaffen. Entsprechend bilden diagnostische Aspekte den Schwerpunkt: Unterschiedliche diagnostische Aufgabestellungen zum basalen, pränumerischen, und arithmetischen Bereich werden durchgeführt und dokumentiert.
Die Ursachen für Schwierigkeiten beim Rechnen sind vielfältig. Da die Verarbeitung von Zahlen und Operationen auch sprachliche Anteile beinhaltet, liegt es nahe, dass auch Störungen in der Sprachverarbeitung Rechenschwierigkeiten bedingen können. In dieser Arbeit soll die Frage erörtert werden, inwieweit sich Störungen im Spracherwerb auf die Entwicklung mathematischer Konzepte bzw. auf die Rechenfähigkeiten auswirken können und wie die spezifischen Schwierigkeiten spracherwerbsgestörter Kinder beim Zählen und Rechnen aussehen. Daraus sollen mögliche Förderziele abgeleitet werden. In der Literatur, zum Beispiel Nolte (2000) und Donczik (2001), wurden bisher vor allem die Auswirkungen von auditiven Wahrnehmungsstörungen auf Rechenfertigkeiten beschrieben. In dieser Arbeit geht es speziell um die Frage, wie sich Störungen im Bedeutungserwerb auf die arithmetischen Fähigkeiten auswirken. Schon der Begriff „Zahlbegriffserwerb“ macht deutlich, dass es sich beim Erwerb des Verständnisses für Zahlen um einen begriffsbildenden Prozess handelt. Die Zahl „7“ ist ebenso ein Begriff wie Auto oder Hund. Die Zahl trägt Bedeutung und vernetzt sich dadurch zu anderen Zahlen, indem sie Größe oder Teil einer Menge sein kann. Sprache dient zur Erkenntnisgewinnung. Damit hängen die kommunikative und kognitive Funktion von Sprache eng miteinander zusammen (vgl. Schmitman, 2007, S.79). Von Aster (2005) schreibt, dass es Naturvölker gibt, die größere Mengen nicht feststellen und auch keine Operationen durchführen können, weil nur die Zahlwörter eins bis fünf existieren. Dies zeigt, wie eng sprachliche Vorgänge mit kognitiven Verständnissen bzw. Erkenntnissen zusammenhängen und dass Sprache Denken beeinflusst. Zahlensprachen sind Grundlage für den Umgang mit größeren Zahlen und für das Erlernen höherer Mathematik (vgl. von Aster 2005, S.20). Diese verschiedenen Analogien zwischen sprachlichem und mathematischem Bedeutungserwerb möchte ich nutzen, um die möglichen Auswirkungen einer semantischen Störung auf den Zahlbegriffserwerb zu beschreiben. Aber auch in Bezug auf auditive Wahrnehmungsstörungen sollen Rechenschwierigkeiten erklärt werden. Hier lautet mein Ansatz, dass Störungen im Bereich des Aufnehmens bzw. Verstehens von Sprache letztlich auch zu Einschränkungen im sprachlichen Bedeutungserwerb führen. Insofern wird meine Argumentation auch auf auditive Wahrnehmungsstörungen und ihre Auswirkungen auf den mathematischen Bedeutungserwerb anzuwenden sein.