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Ethikunterricht soll den Schüler_Innen eine „ethische Grundbildung“ (Thyen 2015) vermitteln, um sie „zu moralisch-praktischer Urteilsbildung und verantwortlichem Handeln“ (ebd.) zu befähigen. Dazu gehört ein Wissen um und eine Orientierungsfähigkeit „im Bereich der Grundsätze unseres […] Handelns“ (Schnädelbach, 1992, 381), welche nicht um ihrer selbst willen angeeignet, sondern „auf die Perspektive der Schüler_Innen, auf ihre Vorverständnisse und Erfahrungskontexte handlungswirksam zurückbezogen“ werden sollen (Thyen 2015). Einer dieser Erfahrungskontexte ist die mediale Welt.
Medienpädagogische Maßnahmen sollen die Kinder und Jugendlichen in diesen Kontexten und Welten handlungsfähig machen. Das heißt, sie im Sinne Baackes (1999, 34f.) zu befähigen, auf ihrem Wissen über Medien basierend selbige nutzen und gestalten zu können, aber eben auch, dass sie im Sinne der Medienkompetenz als Medienkritik verantwortungsvoll mit Medien umgehen. Ein medienpädagogisch reflektierter Ethikunterricht scheint dabei vor allem für die Stärkung der Medienkritikkompetenz gut geeignet zu sein, da es dort fachbedingt um die Ausbildung eines „ethische[n] und also philosophische[n] Orientierungswissen[s]“ (Thyen 2002, 184) geht. Die Ausbildung normativ reflektierter Medienkompetenz ist dabei nicht nur für den Bereich der sozialen Netzwerke, der Instantmessagingprogramme oder der Videoportale und für sonstige Internetangebote notwendig, sondern auch für einen anderen wichtigen Teil der medialen Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen: Für digitale Spiele. Gerade im Mehrspielermodus eines Spiels kann es dazu kommen, dass die Möglichkeiten und Freiheiten, die den Spieler_Innen gegeben sind, Handlungen ermöglichen, die aus (medien-)ethischer Sicht nicht wünschenswert sind – vor allem, da reale Personen die Leidtragenden sein könnten. Dazu gehören etwa Beleidigungen (vgl. McCorrmick 2001), aber auch andere Formen (medien-)ethisch nicht wünschenswerten Handelns.
Die Frage, die sich stellt, ist die danach, wie man damit umgehen kann und soll? Aus (medien-)pädagogischer Sicht lautet sie: Wie kann ein verantwortlicher Umgang mit dem Medienmöglichen gelehrt werden? Als Antwort wird hier vorgeschlagen, dass die Schüler_Innen befähigt werden sollen, ihre Werte/Präferenzen/Maximen darauf hin zu prüfen, ob sie ihren Geltungsanspruch auf Richtigkeit intersubjektiv einlösen könn(t)en – dafür notwendig ist aber „ethisches (Fach-)Wissen“ (Thyen 2002, 184). Die Vermittlung eines Teils dieses Wissens und die Ausbildung der Werturteilskompetenz im Bereich der digitalen Spiele soll dabei durch ein Projekt unterstützt werden, das in dieser Arbeit ausgearbeitet wurde. In ihm geht es um den Aufbau oder die Verbesserung dieser Werturteilskompetenz und zwar speziell im Bezug auf den Bereich der (Online-)Mehrspielerspiele.
Für das Projekt wurde auf Kohlbergs Konzept der Just Community zurückgegriffen, welches von ihm für die Umsetzung an Schulen erstellt wurde und die moralische Urteilsfähigkeit von Schüler_Innen schulen und diese – gemäß der Stufen moralischen Urteilens (vgl. Kohlberg 1996) – verbessern, das heißt auf höhere Begründungsstufen heben soll (vgl. Oser/Althof 2001, 252f.). In dem vorgestellten Projekt soll das Konzept der Just Community jedoch nicht auf die Institution Schule angewandt werden, sondern auf das digitale Spiel Minecraft (2011). Die Schüler_Innen, sollen eine Just Community in Minecraft gestalten. Dabei lernen die Schüler_Innen in einer Projektwoche zunächst die Kontraktualismen von Thomas Hobbes und Jean-Jacques Rousseau kennen, die ethische Prinzipien und Grundsätze vertraglich-konsensualer Gerechtigkeitsvorstellungen bereitstellen (vgl. Thyen 2015). Sie sollen dann diese Vertragstheorien nutzen, um ihr virtuelles „Zusammenleben“ und ihre virtuelle Gemeinschaft zu organisieren und vertraglich und diskursiv regeln. Ziel ist es, dass die Schüler_Innen sich durch das Spielen, ihrer Rolle als moralische Akteure in Medien und damit auch digitalen Spielen bewusst werden und damit auch ihrer Verantwortung bei der (Mit-)Gestaltung virtueller Welten. Den Abschluss bildet die Ausarbeitung eines allgemeinen Verhaltenskodex für den Onlinemehrspielerbereich, ähnlich dem Pressekodex für den Bereich des professionellen Journalismus oder den Richtlinien der Netiquette, also den Benimmregeln der Onlinekommunikation. Dieser soll sich auf ihr Handeln in digitalen Onlinespielen außerhalb des (Schul-)Projekts auswirken.
Für die Arbeit wurde auf die Ergebnisse aus zwei empirischen Erhebungen zurückgegriffen. Bei dem einen wurden die Nutzungspräferenzen in Bezug auf Minecraft abgefragt (N = 114). Die Ergebnisse soll(t)en als kleine Orientierungshilfe für die Gestaltung des Projekts dienen und sicherstellen, dass es nicht zu weit von den Nutzungsgewohnheiten der Spieler_Innen entfernt ist, was der Lebensweltrückbindung zuträglich ist. In der anderen Erhebung ging es um die normativen Präferenzen von Gamer_Innen im Allgemeinen (N = 8). Dabei wurden fünf männliche und drei weibliche Personen befragt. Die Ergebnisse dienen, da sie empirischer und damit deskriptiver Natur sind, nicht der Begründung dessen, was sein soll (vgl. Hume 2011, 409). Vielmehr dienen sie dazu, zu zeigen, dass es bei den normativen Präferenzen hinreichende Überschneidungen gibt, sodass eine Einigung beim Gestalten einer Just Community möglich ist.
Technology criticism and data literacy: The case for an augmented understanding of media literacy
(2020)
Reviewing the history of media literacy education might help us to identify how creating media as an approach can contribute to fostering knowledge, understanding technical issues, and to establishing a critical attitude towards technology and data. In a society where digital devices and services are omnipresent and decisions are increasingly based on data, critical analysis must penetrate beyond the “outer shell” of machines – their interfaces – through the technology itself, and the data, and algorithms, which make these devices and services function. Because technology and data constitute the basis of all communication and collaboration, media literate individuals must in the future also have a sound understanding of technology and data literacy. This article examines the relevance of this broader definition of literacy and delivers a forward-looking defense of media literacy education in schools. It also posits the thesis that the digital transformation represents a challenge, which is confronting society, politics, and education alike.
Mit diesem Artikel legen die Verfassenden eine bildungswissenschaftliche Begründung des Making-Ansatzes vor. Anhand eines Modells, das die Interaktionstiefen zwischen Mensch, Medium und Maschine beschreibt, wird verdeutlicht, dass die Bedeutung digitaler Technik sowie technologische Prinzipien im Mensch-Medien-Maschine-Verhältnis zunehmen und dadurch auch die menschliche Interaktion beeinflussen. Sie werden zeigen, dass die mit-kommunizierende Technik und der gesellschaftlich-kulturelle Einfluss technologischer Prinzipien ein breiteres Verständnis von Medienkompetenz im Sinne einer Digital Literacy erfordert. Ansätze wie Making, Coding und Tinkern können helfen, dieses Bildungsziel zu erreichen, indem sie die klassischen Dimensionen des Medienkompetenzkonzepts erweitern. Im Beitrag werden diese Ansätze zunächst handlungstheoretisch begründet; im Anschluss diskutieren die Verfassenden mit Blick auf Schule und die universitäre Lehrerbildung exemplarisch, inwiefern diese im Rahmen der Medienbildung bedeutsam sein können.
When “software takes command”, people take fright – a reaction which frequently accompanies change or novelty. Their fears are understandable, but they also cloud people’s view of the potentials that digital tools and digital media hold for society and especially educational contexts. Their fears also define societal debates and contribute to a general lack of ambition when it comes to seizing the opportunities for broad collaboration in the design of a “digital society”. This paper identifies a selection of conceptual digital potentials, presents the initial findings of an ongoing study and uses these as a basis to formulate recommendations for reclaiming society’s formative authority over the shape of the digital in its midst.